Der Kreativsprint – NUR MUT-
Einen Sack voller Ideen wollte mein Auftraggeber Martin Mühlburger von Frl. Müller & Söhne von mir haben.
Für die Film-Produktionsfirma aus Vorarlberg und ihren Auftraggeber konzipierte ich also einen kompletten Tag Workshop mit div. Methoden zur Erfüllung dieses Wunsches und moderierte ihn.
Auftrag:
Natürlich ist die Definition eines Sackes voller Ideen nicht die Ausgangsherausforderung, welche ich angenommen hatte. Es ging darum, dem Kunden, ein global agierendes Maschinenbau Unternehmen u.a. mit Sitz in Klaus, die Vielfalt und Möglichkeiten der kreativen Zusammenarbeit aufzuzeigen. Entgegen dem traditionellen Trend: Auftraggeber erteilt Auftragnehmer eine Mission und wartet auf Ergebnis.
Die kollektive Power war also gefragt.
Die Ergebnisse sollten qualitativ hochwertig und vor allem umsetzbar sein, also zur Firma passen.
Durchführung:
Zum Sprint eingeladen waren drei Personen, welche die Firma des Kunden repräsentierten, eine Marketingleiterin eines anderen, großen vorarlberger Unternehmens und eine Vielzahl Kreativschaffender in Form von Agenturen und Freelancern. Die meisten kannten die Firma aus früheren Jobs.
Nachdem mir die Zusammenstellung der Personengruppe bekannt war, plante ich folgenden Kreativ Sprint:
1. Diskussion zur Definition der Herausforderungen
Beim Check-In wollte ich von jedem wissen, mit welchem Gedanken er morgens aufgestanden ist, bevor er herkam. Damit erreichte ich, dass jeder einmal den Raum mit seiner Stimme füllen konnte und man sich ein wenig besser kennenlernte. Nach diesem Warm-Up ging es dann schon in die Diskussion.
Ich ließ die Repräsentanten des Auftraggebers ihre aktuellen, allgemeinen Herausforderungen erzählen. Dabei waren Zwischenfragen nicht erlaubt. Es ging rein um das Zuhören.
Als nächsten Schritt hatte ich die gemeinsame Diskussion und Fragerunde geplant, welche erfolgreich in vier Herausforderungen mündete. Diese notierte ich je auf ein Plakat.
Bereits hier wurden die verschiedenen Perspektiven und Sichtweisen aller Teilnehmer im Raum deutlich. Das wirkte sich unmittelbar auf die Klarheit und Qualität der gemeinsam definierten Themenfelder aus.
2. Rotierende Anreicherung
Ich bildete mit den Teilnehmern als nächstes vier Gruppen. Eine Gruppe bestand je aus einem “Paten” und zwei “Sprintern”. Der Pate war Repräsentant der Auftraggeberfirma und dafür zuständig die Brainstormings, Lösungsansätze und Ideen auf die Anwendbarkeit im Unternehmen zu prüfen und ggf. zu steuern. Die beiden Sprinter waren die Kreativschaffenden, welche von Außen mit neuen und frischen Ideen aus Erfahrungen und Kreativität auf die Problemstellung trafen und wild Ideen spinnen konnten. Da vom Unternehmen nur drei Repräsentanten anwesend waren, konnten die fehlenden Paten durch Personen ersetzt werden, welche das Unternehmen schon sehr lange kennen.
Nach exakt 45 Minuten und einer kleinen Pause rotierten die Sprinter um eine Station im Uhrzeigersinn weiter und das Spiel ging von vorne los. Die Paten blieben an der jeweiligen Station und informierten die “Neuen” über die vorangegangenen Ideen und Ansätze, welche auf einem Plakat dokumentiert wurden.
Ich wechselte die Gruppen solange durch, bis der Ausgangspunkt wieder erreicht war.
Diese Methode beflügelte. Alle Teilnehmer, Paten sowie Sprinter waren voll motiviert und hatten großen Spaß am gemeinsamen Ideenfinden. Verblüffend war die Qualität und Leidenschaft aller anwesenden welche ich nach 45 Minuten jeweils wie aus einer Art Trance herausbekommen musste weil sie so vertieft waren.
3. Mut bei der Ernte
Mut deswegen, weil die Paten, also die Beschäftigten des Auftraggeber-Unternehmens nun alleine jeweils die besprochenen Ideen beurteilen mussten. “Würde Ich diese Idee einem guten Freund empfehlen?” hatte ich in leichtem Grau auf die “Ernteplakate” geschrieben. Der Pate befand sich nun in einer Art Spagat: Einerseits trug er scheinbar die Verantwortung als Repräsentant der Firma, dass er nur umsetzbare und gute Ideen auf das Ernteplakat schrieb, andererseits war er, wie alle Sprint-Teilnehmer, total angefixt von den neuen Perspektiven und Denkweisen. Produkt dieses Prozesses waren z.T. sehr mutige Ideen, welche leicht zu verstehen, umsetzbar und auf das Auftraggeber-Unternehmen anwendbar sind. Der erste Filter für Qualität und Anwendbarkeit war also gesetzt.
4. Präsentation und Voting
Die Ernteplakate wurden zur Präsentation nebeneinander aufgehängt. Auf ihnen die Ideen, für welche sich der jeweilige Projektpate entschieden hatte. Dieser durfte nun seine Auswahl an Ideen vor allen präsentieren. Verständnisfragen konnten in diesem Rahmen auch gestellt werden.
Anschließend bekam jeder Teilnehmer jeweils 10 Sternchenaufkleber ausgehändigt, welche er nun frei nach Belieben seinen Favoriten-Ideen zuordnen konnte. Ob er sie wild verteilte oder einer Idee 10 Sterne gab blieb dabei ihm überlassen. Damit setzte ich den zweiten Filter für Qualität und Anwendbarkeit.
5. Ausklang und Dokumentation
Sichtlich erschöpft neigte sich dieser sehr produktive Tag für alle dem Ende zu. Nach 9 Stunden und über 60 erstaunlich kreativen und vielseitigen Ideen und Lösungsaspekten war das jedoch auch erlaubt. Der Check-Out wollte eine Antwort auf die Frage, was die Teilnehmer von diesem Tag mitnehmen und ergab überwältigendes Feedback. Das bestärkte mich besonders, mit dieser Arbeitsweise Menschen mehr Vergnügen in gleichzeitiger Produktivität zu ermöglichen.
Ein solcher Tag ist jedoch nichts Wert wenn nicht eine ausführliche und lückenlose Dokumentation erfolgt.
Diese lieferte ich einige Tage nach dem Kreativ Sprint ab. Nun ist die Umsetzung einiger dieser Ideen im Gange.
Sobald es dazu Neuigkeiten gibt, schreibe ich ggf. nochmals einen Beitrag.
Fazit:
Aus einigen Gesprächen während und nach dem Kreativ Sprint reflektierte man mir, dass man sehr erstaunt sein, dass Arbeiten soviel Spaß machen kann. Ebenso waren viele Teilnehmer verblüfft über das Ergebnis. “Man hatte den Eindruck, man habe einen kompletten Tag Spaß und dann kommen dabei solche tollen Ideen heraus.”, so eine Teilnehmerin im Gespräch. Durch den gelungenen Einsatz der verfügbaren Ressourcen konnte ein Ergebnis erzielt werden, welches die Erwartungen der Auftraggeber übertraf.
Gesagt sei jedoch auch, dass dieses Format in dieser Form nicht zwangsläufig auf eine ähnliche Herausforderung oder Personengruppe anwendbar ist. Ebenso sind eine strenge Taktung und eine gute Moderation für die Stimmung und Qualität des Ergebnisses ausschlaggebend.
Hier noch ein paar Eindrücke aus dem Tag: